Gasthof zum Goldenen Löwen in Kallmünz
Nicht weit von Regensburg entfernt liegt die Marktgemeinde Kallmünz. Dort wo die Flüsse Naab und Vils zusammenfließen, ragt ein Berg mit der Ruine einer Burg in den Himmel und am Fuße liegt der malerische Ort, der wieder interessant wurde, seit die Städter im 19. Jahrhundert begannen, die Umgebung zu erwandern. Hier entstand mit der Zeit eine kleine Künstlerkolonie und Gabriele Münter und Wassili Kandinsky verbrachten dort mehrere Sommer.
Auch heute noch lebt die Stadt mit ihrem historischen Baubestand, der sich an die Jurafelsen schmiegt, von einem großen kulturellen Angebot, unter- stützt von Künstlern wie Ludwig Bäuml, dessen Atelier in der Ortsmitte für kunstinteressierte Besucher immer offen steht. Im Gegensatz zum nahegelegenen Burglengenfeld konnte sich in Kallmünz keine Industrie entwickeln und die Eisenbahn hat den Ort links liegen lassen. So ist der Zustand des Ortskerns aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts mehr oder weniger erhalten geblieben.
Davor war Kallmünz ein bedeutender Ort, lag er doch an der Hauptverkehrsader zwischen Regensburg und Nürnberg. Auf Naab und Vils wurden Eisen aus der Amberger Gegend und Salz aus dem Süden mit sogenannten Pletten transportiert. Lange bevor die eindrucksvolle Steinbrücke gebaut wurde, konnten Reisende und Händler durch eine Furt an das andere Ufer der Vils gelangen, so dass an beiden Seiten des Flusses Märkte entstanden sind.
Am äußeren Markt liegt das Gasthaus »Goldener Löwe«, dessen Geschichte sich bis in die Zeit um 1500 zurückverfolgen lässt. Die Besitzer, Franziska Luber-Böhm und Jürgen Böhm, können auf eine lange Familientradition zurückblicken. Der Stammbaum der Familie Luber verbindet sich mit dem Anwesen seit 1705, als das Haus renoviert und erweitert wurde. Auf dem Hof fand früher ein reger Viehhandel statt und Reisende und Händler wurden hier schon immer gut versorgt. Gemütliche Gasträume und ein verwunschener Garten laden auch heute Ausflügler und einheimische Besucher zum Verweilen ein.
In den 1970er-Jahren begannen die Eltern von Franziska Luber-Böhm, Waltraud und Richard Luber, einen damals ganz neuen Gaststättentrend mit zu entwickeln. Ohne die Gasträume mit schwerem, dunklem Bayerngebälk und Schmiedeeisen aufzumotzen, ließen sie die Räume in ihrer Schlichtheit wirken, schmückten die Wände und den Garten mit liebevoll ausgesuchten Kunstwerken und die Gäste durften es sich auf schlichtem Mobiliar gemütlich machen. Dazu passte von Anfang an die Speisekarte, die für damalige Verhältnisse durchaus ungewöhnlich, mit regionalen, einfachen aber liebevoll zubereiteten Gerichten bestach.
Gasthof zum Goldenen Löwen in Kallmünz
Franziska Luber-Böhm und Johann Böhm haben den Gasthof wiederum weiterentwickelt und sorgen neben neu interpretierten traditionellen Gerichten auch mit vegetarischen und veganen Speisen nicht nur für die Gesundheit ihrer Gäste, sondern auch für die Gesundheit unserer Umwelt. Die Kartoffel spielt im Speiseplan eine wichtige Rolle. Falls jemand nicht weiß, was »Denglstöckala« sind, dann kann er sich hier davon überzeugen, dass die Gnocchi womöglich in der Oberpfalz früher als in Italien erfunden wurden. Schließlich gilt die »Erdäpfelpfalz« als eine der vielfältigsten Kartoffelküchen der Welt. Abgerundet werden die köstlichen Speisen mit selbstgebackenem Brot und Gänsbügel-Bier aus der eigenen Brauerei. Viele der verwendeten Produkte sind nicht nur aus der Region und biologisch erzeugt, sondern auch zu bestimmten Zeiten im neuen Laden zu erwerben.
Nach dem guten Essen können sich Gäste einen Schnaps aus eigener Destillerie gönnen und danach in den phantasievoll ausgestatteten, behaglichen Zimmern des Gasthofes übernachten.
Viele Besitzer eines historisch wertvollen Gebäudes empfinden den Denkmalschutz als Bürde. Im »Goldenen Löwen« wird diese Last mit Freude als Quelle für immer neue Ideen getragen und von den Gästen genossen. Früher war eine Gastwirtschaft immer mit einem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden. Franziska Luber-Böhm und ihr Mann Johann Böhm erobern immer mehr Elemente dieser Selbstversorgung zurück und vernetzen sich mit anderen Produzenten in der Region, die ebenfalls den Anspruch haben, nachhaltig zu wirtschaften. Einen weiteren lukullischen Geheimtipp in einem kleinen historischen Gebäude betreibt die Familie übrigens unweit vom Goldenen Löwen, im »Bürstenbinder«, aber das ist eine andere Geschichte.
Autorin: Dr. Birgit Angerer, ehemalige Leiterin des Oberpfälzer Freilandmuseums, ist auch regionale Ansprechpartnerin für die Oberpfalz bei KULTUR ERBE BAYERN.