Weinstube im Alten Gefängnis Freising
Wer das kleine Tor in der Oberen Domberggasse 16 in Freising öffnet, den empfängt ein liebevoll gestalteter Innenhof. In großen Kübeln gepflanzte Kastanien- und Olivenbäume schaffen eine einladende Garten-Atmosphäre und deuten zugleich das kulinarische Programm an, für das Andrea und Robert Kubik, Pächter der Weinstube im Alten Gefängnis stehen: traditionell bayerische Gerichte modern interpretieren und den Gästen zudem spannende kulinarische Ausflüge in die mediterrane Küche bieten.
„Als wir uns Anfang 2020 beim Verein Altes Gefängnis e.V. als Pächter für die Weinstube beworben haben, hat mich der Innenhof gleich verzaubert und ein Kopfkino gestartet“, erzählt die Gastronomin Andrea Kubik. „Mir war klar, hier lässt sich ein Ort formen, an dem die Menschen gerne zusammenkommen, um zu genießen und einen historischen Platz neu zu erleben“. Gemeinsam mit ihrem Mann führt sie nun seit Sommer 2020 die Weinstube im Alten Gefängnis. Dass ihr Start mitten in der Pandemie erfolgte, hat sie nicht entmutigt. Konsequent hat das Ehepaar die Phase des Stillstands genutzt, ihr Konzept auszufeilen. „Die Weinstube im Alten Gefängnis ist ein herausragender Ort inmitten der Altstadt von Freising. Wir wollen ihm die Präsenz geben, die er verdient. Insofern verstehen wir uns im wahrsten Sinne des Wortes als ‚Erlebnisgastronomen‘.“
Als Gast in der Weinstube darf man in jedem Fall mehr erwarten als nur Essen, Trinken und Bewirtung. Schließlich begibt man sich an einen Ort, der noch bis 1965 als Gerichtsgefängnis genutzt wurde. Das „Oswald-Huberische Haus“ am Fuße des Dombergs wurde 1663 durch das Hochstift Freising angekauft und darauf eine „Eisenfrohnveste“ errichtet. Eine traurige Berühmtheit erlangte das Gefängnis später als Schauplatz von Hexenprozessen. Daran erinnert noch der Name „Hexenturm“ des zwischen 1715 und 1717 errichteten Gefängnisturms. Die alten Zellen aus der Barockzeit kann man heute darin besichtigen.
Dass sich das Alte Gefängnis seit 2007 zu einem Haus der Kultur in der Domstadt Freising entwickelt hat, ist das Verdienst des 2005 von Dr. Thomas Mücke gegründeten gleichnamigen Fördervereins. Innerhalb von nur zwei Jahren setzte der Förderverein mit Unterstützung vieler Bürgerinnen und Bürgern das historische Gebäude wieder in Stand und entwickelte ein neues Nutzungskonzept. Im 1. Obergeschoss des historischen Zellen- und Gerichtsgebäudes schuf man in der früheren Wohnung des Gefängnisdirektors ansprechende Ausstellungsräume. Wechselausstellungen zeigen darin die Vielfalt zeitgenössischer Kunst.
Im Erdgeschoss, unter dem der historische Stadtbach Moosach fließt, richtete der Förderverein die Weinstube mit mehreren kleineren Gasträumen ein. Schnell wurde sie zu einem beliebten Anlaufpunkt in der Freisinger Altstadt. Mit der Zeit wurde es dem Förderverein ein verstärktes Anliegen, das kulturelle Programm im Alten Gefängnis noch mehr mit dem gastronomischen Angebot der Weinstube zu verbinden. Eine Idee, die das Ehepaar Kubik bei seinem Neuanfang im vergangenen Jahr nur zu gerne aufgenommen hat.
An der rustikalen Inneneinrichtung haben Andrea und Robert Kubik festgehalten. Da Andrea Kubik das Spiel mit Gegensätzen liebt, setzt sie auch gerne einmal mit einem ausgefallenen Accessoire einen Kontrast zur historischen Umgebung.
Weinstube im Alten Gefängnis Freising
In der Küche zeigt sich Robert Kubik kreativ. Der Küchenchef kocht ausschließlich saisonal mit frischen Zutaten aus der Region. Traditionelles neu zu interpretieren ist sein Anspruch, wie sein „Duett von Bärlauch und Spargel“ beweist. In diesem Gericht präsentiert er die Zutaten in einer raffinierten Nudeltasche. Auf Klassiker wie das Hirschgulasch mit Eierspätzle und Preiselbeerkompott darf man sich ebenso freuen und kann sie als wahre Seelenwärmer in der heimeligen Atmosphäre der Weinstube genießen.
Jedes Gericht soll für den Gast ein Erlebnis sein. Was Kubik damit meint, das versteht man spätestens dann, wenn aus der Küche ein heiß dampfender Kaiserschmarrn, dessen süßer Duft von Vanille und Karamell den ganzen Raum erfüllt, auf einer großen Schieferplatte serviert wird.
Unwiderstehlich auch die ganz in der Tradition eines bayerischen Wirtshauses angebotene „Brettl-Parade“: Das Brot spielt die Hauptrolle bei dieser Parade und wird dabei wahlweise – einzeln oder in Kombination – von Schinken, Südtiroler Speck, Rohmilchkäse und Obatzda begleitet. „Wir beziehen das Brot von einem Bäcker aus der Region, der sich ganz auf die Gastronomie spezialisiert hat und ausschließlich in handwerklicher Art und Weise seine Brote backt.“
Überhaupt ist den beiden Wirtsleuten daran gelegen, seinen Gästen immer wieder einmal etwas Überraschendes zu bieten. In der Vorweihnachtszeit 2020 hatte sich der Innenhof in einen kleinen Adventsmarkt mit Kunsthandwerk aus der Region verwandelt. „Der zweite Corona-Lockdown hat dann verhindert, dass wir unsere Gäste in diesem Ambiente empfangen konnten“, so Andrea Kubik. Die Gäste dürfen sich sicher sein: Es wird einen neuen Versuch dieser Art im Winter geben.
Text: Judith Schlumberger-Steger (Die Historikerin Judith Schlumberger-Steger M.A. ist seit 2018 Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Verein und Stiftung KULTUR ERBE BAYERN).